Der Junior Zagato ist einer der bemerkenswertesten Designmeisterleistungen, die Zagato für Alfa Romeo je geschaffen hatWir schreiben das Jahr 1972 und man hat einen harten und langen Arbeitstag hinter sich. Man kann und möchte sich etwas gönnen. Eine Belohnung muss her am besten aus italienischem Blech. Also stattet man dem lokalen Alfa Romeo Händler einen Besuch ab, denn Ferrari, Lamborghini und Maserati sind dann preislich doch etwas entrückt. Nun steht man vor dem lächelnden Mitarbeiter, der einem drei Möglichkeiten aufzeigt. Den Bertone GT, den Spider und eben den Junior Zagato. Dieser spielt schon damals nicht nur preislich in einer anderen Liga. Nein, das Zagato Design wirkt wie von einem anderen Stern - sowohl innen als auch außen. Aber ist er wirklich die bessere Wahl? Man ist "vernünftig" und wählt den Spider mit Notsitzen. Man denkt, dass man die richtige, weil günstigere Entscheidung getroffen hat. Das das ein Fehler war, wird sich noch zeigen. Eigentlich hätte die Wahl auf den Junior Z fallen sollen. Das Z steht für Zagato, und von dort kam denn auch die Karosserie. Genauer gesagt, war es ein gewisser Ercole Spada, dessen Namen den meisten Autointeressierten zwar weniger geläufig ist als Sergio Pininfarina, Giorgetto Giugiaro oder Nuccio Bertone. Aber Spada hatte immerhin bereits Anfang der Sechzigerjahre mit dem Aston Martin DB 4 GT Zagato und der Giulia Tubolare Zagato auf sich aufmerksam gemacht, beides Sportwagen-Legenden und Design-Meilensteine. Alfa hatte vier Wünsche an die Designer:
Das besondere Erkennungsmerkmal des Junior Z war die mit einer Plexiglasscheibe abgedeckte Fahrzeugfront, die genauso viel Luft durch die angedeutete klassische Alfa-Kühleröffnung liess, wie derMotor tatsächlich auch benötigte. Der Optimierung der Luftströmung durch den Motor- und Innenraum wurde so viel Gewicht beigemessen, dass die ungewöhnliche Entlüftungslösung mit der Glasheckklappe, die mittels eines Stellmotors angehoben werden konnte, entstand. Vergleichsweise einfach und ohne Spielereien war das in nüchternem Schwarz gehaltene Interieur gestaltet. Keine Spur von Holz, zwei Hauptinstrumente für Drehzahl und Geschwindigkeit, drei Zusatzanzeigen für Wassertemperatur, Öldruck und Benzinstand mussten reichen. Der direkt ins Getriebe führende Schaltstock sass auf einer in Aluminium gehaltenen Mittelkonsole. Die Sitze wiesen als Besonderheit ausdrehbare Kopfstützen auf. Der Gepäckraum hinter der Besatzung war für jedermann offen einsehbar, eine Abdeckung war nicht vorgesehen. Tatsächlich, mit besonderen Luxusattributen konnte der Zagato-GT nicht protzen. Aber genau das macht ihn heute so reizvoll! Die Reduktion auf das Wesentliche, das Wechselspiel aus Leder und Aluminium, dieses oval geschwungene Armaturenbrett, die gradlinige Schaltkulisse - all das wirkt wie aus einem Guß und lässt mich kaum noch los. Im Jahr 1997 habe ich diesen Wagen erstmals live erlebt und diese Begegnung wirkt bis heute nach. Doch mit seiner zukunftsweisenden Form verleitete er bereits bei seiner Vorstellung am Turiner Autosalon 1969 die Autopresse zu kritischen Kommentaren. «Die mastigen Heckstossstangen wie die farblose Plexiglasfront des neuen Alfa Romeo 1300 von Zagato finden im Gegensatz zu der Keilform des Zweisitzers nicht durchwegs Anklang», schrieb etwa die «Automobil Revue» im Oktober 1969 in ihrem Messebericht und ergänzte im weiteren Text: «Von der Seite ansprechend, ist sowohl die Front mit dem grossen Aufwand von farblosem Kunststoff wie das Heck mit dunklem Kunststoffmaterial und dicken Gummistreifen exklusiv und nicht jedermanns Sache.» Man ging von Anfang an von relativ geringen Stückzahlen aus und baute den Junior Z daher weitgehend in Handarbeit. Bei Zagato in Turin wurden die aus Arese angelieferten Spider-Bodengruppen mit einem Gerippe ergänzt und dann mit den gepressten Karosserieblechen komplettiert. Das Ergebnis wurde wieder nach Arese gesandt, wo die Grundierung aufgetragen wurde und dann wiederum bei Zagato in Turin in den Farben Rot, Weiss, Gelb, Silber oder Blau lackiert. Dann wurden die Fahrzeuge innen ausgebaut und fertiggestellt. 1108 Fahrzeuge wurden so bis 1972 gebaut, dann liess man auch dem Zagato-Zögling ein kleines Facelift angedeihen. Der 1600 Z erhielt den 1,6-Liter-Motor mit mehr Leistung, neu geformte Stossstangen vorne und ein verlängertes Heck (plus 10 cm Länge, plus 70 kg Gewicht). Die Tankklappe wanderte von rechts nach links und das Lenkrad erhielt drei Speichen und einen Holzkranz. Der Fahrer freute sich über hängende anstatt stehende Pedale. Bis 1975 wurde der Junior Zagato so weiter produziert, nach 1510 Exemplaren war Schluss. Er blieb damit selten und rar, die kaum vorhandene Rostvorsorge raffte viele der Wagen dahin. Zu den Fakten:
Und wie fährt er sich? Leichtfüssig wieselt er um jede Ecke. Man kann ihn, ähnlich wie den Bertone mit nur zwei Fingern steuern. Wahrlich ein Genuss. Das geringe Gewicht trägt natürlich zum Fahrspass bei und der Motorsound des beliebten Aluminium-Alfa-Triebwerks begeistert noch heute. Ersetzt man den Endschalldämpfer mit den so genannten "Donnerrohr", führen die Fehlzündungen bei der Gaswegnahme teilweise zu einer kleinen Stichflamme, die man in schlecht beleuchteten Tunneln gut erkennen kann. Ach - Proll sein kann so schön sein... Mit der Starrachse, dem Heckantrieb und dem geringen Gewicht auf der Hinterachse, kann man den Wagen schnell in den Drift bringen. Ein Riesen Spass und alles ohne elektronische Helfer! Bewertung (0-10 Punkte):
Fazit: 61 Punkte. Mit 39 Tsd. EUR für einen gepflegten Zustand, ist der Junior Z sicherlich kein Schnäppchen mehr, aber er ist seit 2009 nur um ca. 14% im Preis gestiegen. Bei der geringen Stückzahl und der herausragenden Stellung innerhalb der Alfaproduktfamilie halte ich ihn mehr denn je für ein gutes Investment, denn er polarisiert noch heute. Die meisten Betrachter würden ihn wohl den Achtzigerjahren zuordnen, was seine Zukunftsorientierung bezeugt. Immerhin folgten auch das später präsentierte Alfetta Coupé und der Alfasud Sprint – beide von Giugiaro entworfen – derselben Linienführung, verzichteten aber natürlich auf den doch etwas mondänen Plexiglas-Kühlergrill. Der Alfa Romeo Junior Z hatte einiges von einem Konzeptfahrzeug und wollte auch nicht allen gefallen. Und diese Tradition setzt er bis heute fort. Wer ihn allerdings gefahren hat, der wird ihn für seine hervorragende Fahrdynamik in guter Erinnerung behalten. Und, wohl war der Z 1972 teurer als seine Cabriolet- und Coupé-Brüder, heute aber liegt sein Wert immerhin 50 Prozent über seinen Geschwistern, und dieser Abstand dürfte in den kommenden Jahren kaum schrumpfen. Geschickte Investoren hätten also zum Zagato gegriffen. Fotos. Zwischengas.ch Video
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December 2017
AutorIch heiße Heiko und bin seit 1980 mit dem Oldtimervirus befallen. Soweit ich mich recht erinnere, begann das mit dem Aufbau meiner Siku-Modellautosammlung. Zu der Zeit war ich zwar meistens in Bodennähe unterwegs, aber das Bespielen von klassischen Blechmodellen sollte meinen Mobilitätsgeschmack prägen. Einen Teil davon möchte ich gern mit Euch teilen. Ich bewerte die Ikonen nach meinen subjektiven Kriterien und hoffe Euch damit eine Hilfestellung zu bieten und eine Kaufentscheidung zu vereinfachen. Diesen Blog schreibe ich aus purer Leidenschaft zu altem Blech. Ab und an kann natürlich auch mal etwas Modernes dazwischen kommen. Kategorien |