Auf besonderen Wunsch eines Kumpels aus meiner alten Heimat, stelle ich Euch den Lancia Stratos HF vorWahnsinn - das beschreibt das Fahrgefühl ziemlich exakt. Der oft als Rallyewagen bewegte Stratos begeistert durch Direktheit und Fahrbahnkontakt. Die leichte Karosserie (Hauben und Türen aus Glasfaser) ermöglicht enorme Kurvengeschwindigkeiten und brachiale Beschleunigungen. Das alles wird mit "nur" 265 bzw. 330 PS erreicht. Es zeigt sich einmal wieder, dass Gewicht (960 Kg) einfach alles schlägt. Mit Hilfe dieses Italo-Heißsporns wurde Mitte der 70er die gesamte Rallye-Elite überrascht. Rallye-Fahren war zu Beginn der 70er ein regelrechter Volkssport, also in dem Sinne, dass die Rennhelden zum Volk kamen und dieses hautnah, meist auch an extrem gefährlichen Standorten ihren Piloten zujubelte. Rallye war "in, gefährlich, laut, schnell und dreckig". Das nutzen vor allem Renault, Porsche und Ford mit dem Alpine, 911 und Escort als Werbeplattform. Lancia rutschte hingegen mit dem front getriebenen Fulvia nur hinterher. Es musste ein Donnerknall folgen. Eine Ikone, die Renngeschichte schreiben sollte. Der Startschuss für den Stratos war gefallen. Um bei der Rallye-WM mitfahren zu können, musste Lancia 400 Serienfahrzeuge verkaufen. Dies gelang, obwohl am Ende die letzten Modelle für 15 Tsd. DM vom Hof gekehrt wurden. Wenn man sich das mal überlegt, dann kann man schon feuchte Augen bekommen, denn heute muss man mindestes 500 Tsd. EUR in die Hand nehmen. Mit dem Ferrari Dino V6-Mittelmotor war er der Konkurrenz wahrlich überlegen. Wie ein Ufo wirkte der ursprünglich von Bretone gezeichnete Donnerkeil. Lancia schaffte es, die Konkurrenz 1974 - 1976 zu düpieren. Das Besondere des Stratos? Alles. In ihm steckte ein völlig neues Konzept. Vorher beschickten die Werke Rallyes, indem sie ein halbwegs geeignetes Auto aus der Großserie abzweigten und modifizierten. So war es beim Porsche 911, beim Escort, später beim Fiat 131. Beim Stratos lief es genau umgekehrt. Er wurde kompromisslos fürs Rallyefahren konstruiert, und nur dafür! Der Kunde war völlig egal. Zunächst der kurze Radstand: Der war Absicht, vor allem für die oft winkligen Straßen der Weltmeisterschaft, besonders in Monte Carlo, San Remo, Korsika, alle drei vor Lancias Haustür. Und tatsächlich dribbelte der Stratos dort alle anderen schwindelig. Aus heutiger Sicht ist der Radstand arg kurz geraten, denn damit war dieses Mittelmotorgerät heikel zu fahren. Es rannte zwar irrsinnig schnell um die Ecken, aber das "zu schnell" lag nur eine Rasierklingenschneide entfernt. Zweitens sein Dino-Motor. Der hatte in der Straßenversion 190 PS, im Werkstrimm 270 PS, und dann kam der Vierventiler als Evolutionsstufe. Der lieferte 330 PS und war nur noch von wenigen furchtlosen Virtuosen volle Lotte zu fahren. Jetzt wollt Ihr bestimmt noch wissen, wie es sich anfühlt einen Stratos zu fahren? Geil. Man hockt drin, adrenalingetränkt wie im Zentrum einer Höllenmaschine und im Geiste ständig vorauseilend gegenlenkend, vor sich nur Uhren, Schalter, Sicherungen, Hebel, Schnallen. Ein Kampfjet dürfte auf dem gleichen Gemütlichkeitsniveau liegen. Und was die Akustik angeht, würde es wahrscheinlich keinen Unterschied machen, direkt im Motor zu sitzen, der 20 Zentimeter von den Ohrmuscheln entfernt sein heiser röchelndes Leben feiert. Held sein hat halt auch mit leiden können zu tun. Fazit:Für die Meisten, vor allem meinen Kumpel, ist der Stratos eines der begehrenswertesten Autos der Geschichte. In Sammlerkreisen gilt er als einer Art "Blaue Mauritius". Er hat seinen Preiszenit sicher noch nicht erreicht und ist außerdem ein fahrerisches Erlebnis, sofern man bei Nässe fein dosiert Gas gibt, um nicht dem Hintermann in die Augen schauen zu müssen. Wir sprechen hier allerdings von einem teuren Spass. Zuerst haut die Anschaffung ein Meteorartiges Loch in die Haushaltskasse, zudem sind auch die Teilepreise nicht von Pappe, andererseits ist er leicht zu warten und zu pflegen. Rost ist dank der Kunststoff-Karosse fast kein Problem, allerdings will so ein Rennpferd öfter bewegt werden. Viele parken in wunderschönen Garagen, bis sie sich kaputtgestanden haben. Eine Alternative wäre übrigens eine Replica, etwa von Lister-Bell in England, aber unter 100 Tsd. EUR kommt man da auch nicht vom Hof. Fotos: Silodrom.com
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Dezember 2017
AutorIch heiße Heiko und bin seit 1980 mit dem Oldtimervirus befallen. Soweit ich mich recht erinnere, begann das mit dem Aufbau meiner Siku-Modellautosammlung. Zu der Zeit war ich zwar meistens in Bodennähe unterwegs, aber das Bespielen von klassischen Blechmodellen sollte meinen Mobilitätsgeschmack prägen. Einen Teil davon möchte ich gern mit Euch teilen. Ich bewerte die Ikonen nach meinen subjektiven Kriterien und hoffe Euch damit eine Hilfestellung zu bieten und eine Kaufentscheidung zu vereinfachen. Diesen Blog schreibe ich aus purer Leidenschaft zu altem Blech. Ab und an kann natürlich auch mal etwas Modernes dazwischen kommen. Kategorien |