Der Wolf im Schafspelz gilt als Primus in der sportlichen KompaktklasseJeder kennt Ihn, aber die wenigsten haben ihn sofort gemocht. Der Golf 1 GTi hatte anfangs mit einem leicht prolligen Image zu kämpfen und wurde natürlich auch sehr häufig von Tuningfans als Basisfahrzeug verwendet. Damals gab es zwei Lager - Opel GSi oder Manta und eben Golf GTi. Als ich 1992 zum ersten Mal den GTi meiner Tante fahren durfte, habe ich sofort verstanden, warum er bei den Tunern so beliebt war. Er hatte bereits in der Serienversion überaus sportliche Ambitionen. Das Auto schrie geradezu nach weiteren Optimierungen. Hauptsächlich natürlich aufgrund der verhältnismässig geringen Kosten. Er ist und bleibt eben ein Volkswagen. Dass manch Tuner nach und nach annähernd so viel Geld wie für einen Ferrari darin versenkte, stand auf einem anderen Blatt. Ich kann es mir nur mit "dem Tunnel der Leidenschaft" erklären. 42 Jahre Später, sind die originalen Modelle so rar wie eine Smoothie-Bar in Magdeburg. Daher natürlich sehr begehrt und entsprechend teuer. Mittlerweile ist der GTi zu einem gesuchten Klassiker gereift, den fast alle sympathisch finden. Und mal ehrlich, wer ärgert sich nicht, ein Exemplar vor 10 Jahren zum guten Kurs in die Garage gestellt zu haben? Volkswagen hat aus einem Biedermann einen Brandstifter geschaffen, einen erschwinglichen Traumwagen, der in unter zehn Sekunden auf Tempo einhundert sprintet, mit 182 Sachen deutlich schneller als die meisten Mittelklassewagen seiner Zeit läuft - eine ganze Generation von Autofans begehrt plötzlich dieses neue Sportabzeichen. Ich denke noch mit Freude an die vielen kleinen Besonderheiten, die den GTi auszeichneten. Der Schaltkauf im Golfballdesign, der Drehzahlmesser, die Sportsitze im Schottenrock-Karomuster, die rote Umrandung des Kühlergrills, der Tacho bis 220 Km/h, die Tieferlegung, das Sportlenkrad, usw.. Nicht vergessen möchte ich natürlich den Motor, der mit 110 PS leichtes Spiel mit dem Golf hatte. Zu den Fakten:
Und wie fährt er sich? Meine Tante wohnte auf dem Land und die Strassen waren schmal und kurvenreich. Ich war damals von der dargebotenen Leistung etwas überfordert, wo doch mein Fahrschulwagen gemütliche 75 PS besaß. Also ging ich die ersten Runden mit großem Respekt an und hatte mega viel Spass. Diese 810 Kg sind der Schlüssel zum Kurvenglück. Er beschleunigt ab 2000 Touren sehr vehement und gleichförmig mühelos bis zum Begrenzer, der bei 6.500 Touren sein Veto einlegt. Wieselflink kann man durch die engen Kurven schwänzeln. Ich hatte ehrlich gesagt mehr Freude als mit dem 7er BMW meiner Familie.Das kurz übersetzte Vierganggetriebe passt dabei perfekt zum Charakter des damals schnellsten Volkswagens, obwohl der Motor bei Tempo 120 bereits mit 4.000 Touren dreht. Das sorgt zusammen mit den Windgeräuschen dafür, dass der VW Golf GTi nicht gerade als ein leises Auto durchgeht. Dennoch ist der Golf weit davon entfernt, eine Krawallbüchse zu sein, eher ein Sportler, der sich sehr wohl hören lassen kann. Auf der Landstraße wächst der Ur-GTI schließlich über sich hinaus. Kaum über Schritttempo, vermisst ein Fahrer nicht einmal eine Servolenkung. Zwei Finger genügen, um den VW Golf I GTI in der Spur zu halten, der jeden Lenkbefehl anstandslos in die Tat umsetzt. Das Auto bleibt dabei jederzeit berechenbar, selbst wenn es in schnellen Kehren schon mal das kurveninnere Hinterrad ein wenig in die Höhe hebt. Aber dafür muss der GTi schon sehr in die Enge getrieben worden sein. Am Ende dürfte es selbst wesentlich moderneren und leistungsstärkeren Kompaktwagen schwerfallen, auf verschlungenen Landstraßen einem 42 Jahre alten GTi zu folgen. Ein ähnlich ungefiltertes Fahrerlebnis können sie ohnehin nicht bieten - hierin tut sich sogar schon die zweite GTI-Generation schwer. Bewertung (0-10 Punkte):
Fazit: 66 Punkte. Ein noch immer günstiger Sportwagen könnte sich als ein Geheimtip erweisen, denn innerhalb der letzten 6 Jahre sind die Preise für gepflegte Modelle "nur" um 33 % auf ca. 12 Tsd. EUR gestiegen. Da sollte man doch zuschlagen. Die Technik ist überschaubar. Die Ersatzteil- und Werkstattkosten günstig. Teile leicht zu beschaffen und der Unterhalt frisst auch kein Loch in die Haushaltskasse. Man muss nur geduldig nach guten Exemplaren Ausschau halten. Wichtig sind Originalität und ein möglichst rostfreier Zustand. Sofern Ihr das Schraubergen in Euch tragt, könnt Ihr Euch natürlich auch ein mässiges Modell für ca. 4 Tsd. EUR in die Werkstatt stellen und die letzten beiden Wintermonate für die Restaurierung verwenden - up to you! Fotos: a-m-s.de
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December 2017
AutorIch heiße Heiko und bin seit 1980 mit dem Oldtimervirus befallen. Soweit ich mich recht erinnere, begann das mit dem Aufbau meiner Siku-Modellautosammlung. Zu der Zeit war ich zwar meistens in Bodennähe unterwegs, aber das Bespielen von klassischen Blechmodellen sollte meinen Mobilitätsgeschmack prägen. Einen Teil davon möchte ich gern mit Euch teilen. Ich bewerte die Ikonen nach meinen subjektiven Kriterien und hoffe Euch damit eine Hilfestellung zu bieten und eine Kaufentscheidung zu vereinfachen. Diesen Blog schreibe ich aus purer Leidenschaft zu altem Blech. Ab und an kann natürlich auch mal etwas Modernes dazwischen kommen. Kategorien |